Geschichte der Schokolade
Kakao und Schokolade: Wie die Kakaobohnen aus Südamerika die Welt eroberten
Verfasst von: Alberto Gatti | Artikel erstellt/zuletzt geändert: 11. April 2022
- Wie kamen der Kakao und die Schokolade eigentlich bis zu uns nach Europa?
- Zahlreiche Schokoladen, wie wir sie heute kennen, gibt es erst seit sehr kurzer Zeit... die feste Schokoladentafel z.B. erst seit 1847.
- Mehr erfahren über die Begriffe Kakao und Schokolade und ihre Herkunft!
Die Geschichte der Schokolade begann vermutlich in Südamerika. Allerdings nicht im flachen Regenwald, wie früher vermutet, sondern eher im nordwestlichen Hochland der Anden in Peru, Ecuador oder Kolumbien. Die Geschichte der Schokolade bzw. besser gesagt die des Kakaos begann wahrscheinlich deutlich früher als gedacht. Zumindest deutlich früher als es viele Enzyklopädien wie etwa Wikipedia derzeit (noch) vermitteln.
Die weltweit beachtete Publikation zur „Nutzung und Domestizierung von Theobroma Cacao während des mittleren Holozäns im oberen Amazonasgebiet“ von Sonia Zarrilo et al aus dem Jahre 2018 zeigt jedenfalls auf, dass der Kakao der Kakaopflanze im Hochland von Ecuador schon seit etwa 5.500 Jahren verarbeitet wird.
„Die Tradition der Schokolade ist reich an Kultur. Ihre Geschichte ist noch lange nicht zu Ende geschrieben.“
Mithin ist diese Kakao-Tradition also viel älter als die der Mayas und Azteken. Dort beginnt bei den meisten Geschichtsschreibungen die Zeitrechnung von Kakao und Schokolade nämlich erst. Folgt man aber den fundierten Erkenntnissen von Sonia Zarillo et al ist der Regenwald im Hochland von Ecuador der Ausgangspunkt, nicht das Tal von Mexiko und nicht die Yucatan-Halbinsel. Hier ging es los mit dem Anbau und dem frühen Handel mit Kakaobohnen. Hier nahm das braune Gold, auch "Speise der Götter" genannt", seinen Anfang.
Die Geschichte der Schokolade in 10 Etappen
- Ab 3.500 bis 1.300 vor Christus: Aus dem Hochland von Ecuador trat der Kakaobaum mit seinen aromatischen Kakaobohnen seinen Siegeszug zunächst bis an die Pazifikküste und weiter hoch nach Norden bis ins mesoamerikanische Mittelamerika an. Sehr viel später auch nach Osten und Süden in die Gebiete, woher wir den klassischen tiefen Regenwald kennen. Bis die ersten Länder in Afrika die ersten Kakaobäume sehen durften, sollten noch viele Tausende Jahre ins Land gehen.
- Ab 1.500 bis 400 vor Christus: Vor etwa 3.500 Jahren kultivierten dann erstmals die Olmeken den Kakaobaum. Dieses Volk lebte zu der Zeit im Regenwald des Tieflands der mexikanischen Golfküste. Die Kultur der Olmeken nahm ab 1.200 vor Chr. so richtig an Fahrt auf. Bis heute zeugen riesige kunstfertige Kolossalköpfe aus Stein von ihrer Kultur. Funde belegen, dass die Olmeken bereits ein Kakaogetränk zubereitet haben, dass sogar schon „Kakawa“ („Kakao“) hieß.
- Ab 600 vor Christus bis Mitte 16. Jahrhundert: Um einiges später erst als die vergangene Kultur der Olmeken übernahm die Hochkultur der Maya den Kakaoanbau. Das uralte Reich der Maya befand sich zu diesem Zeitpunkt im Stadium der mittleren Präklassik. Die Maya pflanzten den Kakao relativ zügig in Form von Plantagen an. Ihren Kakao bzw. ihre Trinkschokolade tranken die Maya aus kunstvoll verzierten, hohen und schmalen Trinkgefäßen.
- Ab 13. bis ins 16. Jahrhundert: Die Kultur des Genusses von Kakao zelebrierten ebenfalls die Azteken in Mittelamerika. Diese weitere mesoamerikanische Hochkultur rund um die Städte des aztekischen Dreibundes Tenochtitlan, Texcoco und Tlacopan im Tal bzw. Becken von Mexiko nutzte Kakaobohnen sogar lange Zeit als Zahlungsmittel. Auch hier finden sich zahlreiche kulturelle Hinweise und Belege, die den hohen Wert bezeugen, den Kakao weithin genoss.
- Mitte 16. Jahrhundert: Die ersten Kakaobohnen, mit denen die Europäer tatsächlich etwas anfangen konnten, brachte 1528 Hernan Cortes in die westliche Welt nach Europa. Weil die flüssige Schokolade ohne entsprechende Verarbeitung aber ungenießbar war, etablierte sich der Brauch, dem Getränk Honig, Vanille und Zucker (meist noch Rohrzucker) beizugeben. 1544 wurde heiße Schokolade als Getränk erstmals am spanischen Hof serviert.
- Mitte bis Ende 17. Jahrhundert: Im Jahre 1657 öffnete in London das erste Schokoladencafé. Der Holländer Jan Jantz van Huesden schenkte 1673 erstmals öffentlich Schokolade in Bremen aus. Zunächst blieb Kakao jedoch das Getränk des Adels in Europa. Erst ab 1700, als die Kakaolieferungen regelmäßiger kamen und das Kakaomonopol der Spanier durch den Anbau in anderen europäischen Kolonien (z.B. in Afrika) gebrochen wurde, etablierte sich Schokolade europaweit und letztlich auf der ganzen Welt.
- Ab Mitte 18. Jahrhundert: Die Geschichte der Schokolade hielt Einzug in das vornehme Bürgertum. Der Konsum des vornehmen Schokoladengetränks und der Handel damit wurden steuerpflichtig, staatlich kontrolliert und konzessioniert. Die flüssige Schokolade zählte ab jetzt in Europa zum festen Angebot etlicher Kaffeehäuser und Schokoladenstuben. Bis zum 19. Jahrhundert veränderte sich die Rezeptur des Getränks allerdings nur geringfügig.
- Anfang 19. Jahrhundert: Die Geschichte der modernen Schokoladenproduktion begann im Jahr 1828. Der Niederländer Coenraad Johannes van Houten entwickelte eine hydraulische Presse zur Herstellung einer neuen Art Schokoladenpulver mit sehr geringem Fettanteil. Trinkschokolade ließ sich nun viel besser mit Wasser vermischen. Die Engländer der traditionsreichen Schokoladenfabrik „Fry &Sons“ gossen 1847 aus van Houtens Kakaopulver und Zucker zusammen mit geschmolzener Kakaobutter (anstatt warmen Wassers) die erste feste Schokoladentafel. Ein Meilenstein in der Geschichte der modernen Schokoladen war erreicht.
- Mitte 19. Jahrhundert: Als Erfinder der Pralinen bzw. des Konfekts gilt zwar der deutsche Koch von César de Choiseul, Comte de Plessis-Praslin. Schon im 17. Jahrhundert erfand er sein Konfekt aus Mandeln und Zucker, welches er nach seinem Herrn benannte. Als Erfinder der ersten echten Pralinen aus Schokolade gelten jedoch der schweizer-belgische Jean Neuhaus und sein Sohn Frederic. Sie etablierten 1857 in ihrer Confiserie in Brüssel erstmals das Verfahren, eine metallische Form mit flüssiger Schokolade auszugießen, mit Nüssen, Trockenfrüchten und Likör zu füllen und mit einem Schokoladenplättchen zu verschließen.
- Ab Ende 19. Jahrhundert: Die Geschichte der Schokolade erlebte von nun an einen tiefgreifenden Wandel. Die Schweizer eroberten sich einen festen Platz in der Schokoladenproduktion. Sie perfektionierten die deutsche Erfindung der Milchschokolade, die erstmals um das Jahr 1830 von der Fa. „Jordan & Timaeus“ kreiert wurde. Insbesondere der Schweizer Schokoladenfabrikant Daniel Peter feierte mit seiner feinen Milchschokolade 1875 einen Riesenerfolg am Markt. Die Tafel aus Milchschokolade war geboren. Schokoladen wurden in der breiten Bevölkerung in ganz Europa nun noch beliebter.



Woher stammen die Namen Kakao und Schokolade?
Der Begriff „Kakao“ ist definitiv mesoamerikanischen Ursprungs. Aus der Familie der Mixe-Zoque-Sprachen, die heute noch abgewandelt im südlichen Mexiko gesprochen werden, entstammt das Wort „Kakawa“. Im Laufe der Zeit und vieler Stationen wurde daraus das heutige Wort „Kakao“. Anders als es zahlreiche Enzyklopädien wie beispielsweise Wikipedia momentan (noch) angeben, versahen also vermutlich zuerst die Olmeken den Kakao mit seinem ersten Namensvorläufer.
In der langen und großen Geschichte der Maya förderten Archäologen auf ihrer Suche später ebenfalls Trinkgefäße zutage, die mit der Glyphe „Kakaw“ beschriftet waren. In den uralten Gefäßen ließen sich Reste von Theobromin und andere klassische Inhaltsstoffe von Kakao nachweisen. Mit großer Sicherheit handelte es sich bei den festgestellten Speiseresten darin also um Kakao.
„Die Europäer bzw. die Spanier haben die Begrifflichkeiten abgewandelt. Die Begriffe selbst stammen aber nach wie vor aus Mittelamerika.“
Die Azteken, deren Gesellschaft die Sprache Nahuatl sprach, hatten später gleich zwei Wörter für ihr Kakaogetränk. Zuerst hieß es einmal „Cacawatl“ bzw. „Cacahuatl“, später dann „Chocolatl“ bzw. „Xocolatl“. Beide Begriffe, wobei der zweitere vermutlich einer neologischen Neuformung entstammte, standen übersetzt für „bitteres“ („Cacaw“, „Chococ bzw. „Xococ“) und „Wasser“ („atl“).
Dass sich letztlich der Begriff „Chocolatl“ für Schokolade (englisch: „Chocolate“) auf der ganzen Welt durchsetzte, ist vermutlich den spanischen Invasoren Mittelamerikas um Hernan Cortes zu verdanken. Die iberischen Eroberer entschieden sich nämlich eventuell aus eigenen kulturellen Gründen zur Anwendung des für sie besser klingenden Begriffs „Chocolatl“ bzw. „Xocolatl“. Der Begriff mit „Cacaw“ im Wortstamm, der im Spanischen und anderen lateinischen Sprachen einen Bezug zu Fäkalien anklingen lässt, klang womöglich nicht lecker genug.
Historisches Wissen über Produkte aus Kakao und Schokolade
Heute kennt jedes Kind Schokolade zumeist als Genussmittel bzw. Lebensmittel in fester Form: Schokolade als Schokoladentafel, Schokolade als Lolly, Schokolade als Hohlfigur, Schokolade als Praline usw. Heiße Trinkschokolade und fertige Kakaopulver für flüssigen Kakao haben ihren festen Platz, sind aber nur zwei unter Hunderten von Schokoladenprodukten. Dabei war Schokolade über viele Jahrtausende, wie zuvor berichtet, vor allem in erster Linie als Trinkschokolade verbreitet.
Etwas anderes gab es nicht. Noch früher wurde der Saft der Kakaofrucht sogar als kakaohaltiges alkoholisches Getränk gereicht. Tatsächlich nutzten die ersten Genießer das Fruchtfleisch der Kakaofrucht und stellten daraus pur (nicht alkoholisch) oder in gegärter Form (alkoholisch) ein schmackhaftes Getränk her. Die Vorliebe, ausschließlich die Kakaobohnen der Kakaofrucht zur Herstellung eines Getränks zu verwerten, setzte sich erst später in Mittelamerika bei den vergangenen Hochkulturen im heutigen Mexiko durch.
„Die Herstellung von Kakao und Schokolade hat sich wesentlich verändert. Auch das Wissen um Rezepte geht mit der Zeit.“
Die Maya tranken ihren Kakao dabei als Getränk wie die Olmeken gerne heiß. Die Azteken hingegen bevorzugten ihren Kakao lieber kalt. Auch gab es bei den Maya noch, wie zuvor in Südamerika, eine berauschende Variante des Kakaogetränks, die aus fermentiertem Fruchtfleisch der Kakaofrucht gewonnen wurde. Spätestens seit Maya-Zeiten ist zudem bekannt, dass der Mensch die wertvolle Kakaobutter aus der Kakaobohne lösen und weiterverarbeiten kann.
Schon die Indios nutzten gerne ihre desinfizierenden Eigenschaften bei Entzündungen, Schuppen oder Tierbissen. Sie trugen die Kakaobutter als Salbe auf. Beliebt war sie auch einfach nur zur Hautpflege. Noch bis ins 19. Jahrhundert hinein wurden Schokoladen in Apotheken offiziell als sog. „Kräftigungsmittel“ verkauft. Überhaupt behielt der Kakao seine medizinische Konnotation bis heute bei. Schokolade gilt noch immer als stärkend, leicht verdaulich und die Stimmung aufhellend.